Mietzinsbefreiung für Geschäftslokale während des ersten Lockdowns

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Seit Beginn der Covid-19 Pandemie stellte sich die Frage, ob Geschäftslokale in Lockdown-Zeiten weiterhin den vollen bzw. überhaupt Mietzins zu leisten haben. Nun erfolgte die erste höchstgerichtliche Entscheidung hinsichtlich dieser Thematik. So hielt der Oberste Gerichtshof fest, dass während des 1. Lockdowns von Mitte März bis Ende April 2020 für Geschäftslokale keine Pflicht zur Mietzahlung bestand, falls das Objekt aufgrund eines Betretungsverbotes nicht genutzt werden konnte. Diese Entscheidung könnte nun weitreichende Folgen für eine Vielzahl von Geschäftsinhabern haben, die durch die Betretungsverbote während des 1. Lockdowns betroffen waren.

 

Betretungsverbote für Geschäftslokale sind in diesen Tagen wieder aktueller denn je, nachdem es abermals mit 22. November zu einem österreichweiten Lockdown gekommen ist. Bis zur Entscheidung des OGH am 21. Oktober 2021 war es fraglich, ob während eines Lockdowns und den damit verbundenen Betretungsverboten eine Pflicht zur Zahlung des Mietzinses für das betroffene Geschäftslokal besteht. Im Anlassfall hatte sich der OGH mit einem Sonnenstudio zu beschäftigen, deren Betreiber aufgrund des 1. Lockdowns von Mitte März bis Ende April 2020 weder Miete noch Betriebskosten für das Geschäftslokal entrichtet haben und gegen welche infolgedessen Räumungsexekution betrieben wurde.

 

Der OGH bestätigte die Rechtsansicht des Erst- und Berufungsgerichtes, wonach die Räumungsexekution aufgrund der fehlenden Benutzbarkeit des Bestandsobjektes und dem damit verbunden Entfall der Pflicht zur Mietzinszahlung unzulässig war. Der OGH führte in seinem Urteil aus, dass Covid-19 aufgrund der großen Verbreitung und der Schwere des Verlaufs als Infektionskrankheit einzustufen ist und eine Gefahr für die Allgemeinheit darstellt. Somit ist die Covid-19 Pandemie zweifelsfrei als „Seuche“ zu qualifizieren, aufgrund derer das Geschäftslokal nicht entsprechend der vertraglichen Vereinbarung genutzt werden kann. Dies gilt insbesondere auch dann, wenn wegen Covid-19 durch hoheitliche Anordnung, im gegebenen Fall durch die allseits bekannten Verordnungen, ein Betretungsverbot für Geschäftslokale verhängt wird. Ein Bestandsobjekt wird auch nicht durch das bloße Belassen des Inventares, wie hier der Sonnenbetten und der Dekoration, im Sinne der vertraglichen Vereinbarung genutzt.

 

Da im Fall des Sonnenstudios Strom und Heizung komplett abgeschaltet wurden, äußerte sich der OGH nicht zur Pflicht der Zahlung von Betriebskosten und verwies nur pauschal auf die unterschiedlichen Meinungen innerhalb der Lehre.

 

Zusätzlich lies der OGH offen, wie bei der teilweisen Nutzung des Mietgegenstandes, beispielsweise bei Möglichkeit zu Click&Collect oder der Durchführung von administrativen Tätigkeiten im Geschäftslokal, zu verfahren ist. In dieser Hinsicht ist auf die Entscheidung des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien (LG ZRS Wien) zu verweisen, welches kürzlich über den Fall eines Buchhändlers und die Rückzahlung eines anteilsmäßigen Teils der Miete im besagten Lockdown-Zeitraum entschied. Dieser belieferte während des 1. Lockdowns zwar weiterhin seine Stammkunden kontaktlos, jedoch sank sein Umsatz auf 2 bis 5 % des Vergleichszeitraumes des Jahres davor. Dem Buchhändler wurde schlussendlich eine Mietzinsreduktion von 36 % der ursprünglichen Miete zugesprochen. Auffallend ist die große Spanne zwischen dem tatsächlichen Umsatz und der zugesprochenen Minderung, weshalb diese Entscheidung sogar noch als vermieterfreundlich angesehen werden kann.

 

Ebenso sprach der OGH nicht über die Berücksichtigung von erhaltenen Fixkostenzuschüssen ab, da diese erst mit 26. Mai 2020 in Kraft traten, somit nach Ende des 1. Lockdowns. Hierzu hielt allerdings das LG ZRS Wien im Fall des Buchhändlers fest, dass obwohl Mietkosten für Geschäftsräume als Fixkosten anzusehen sind, im Falle einer solchen Fixkostenzuschussbeantragung, diese nur dem Unternehmen und nicht dem Vermieter helfen soll, die wirtschaftlichen Folgen der Pandemie abzufedern.

 

Fazit

Zusammenfassend hielt der OGH in seinem Urteil fest, dass für den Zeitraum, indem ein Betretungsverbot für das Geschäftslokal aufgrund des außerordentlichen Zufalles der Covid-19 Pandemie verhängt wurde, kein Mietzins zu entrichten war. Dieses Urteil ist für eine Vielzahl an gleichgelagerten Fällen richtungsweisend und hat daher für Geschäftsinhaber, deren gemietete Geschäftslokal aufgrund eines Betretungsverbotes geschlossen waren, enorme Bedeutung. Hinsichtlich Bezahlung von Betriebskosten, der teilweisen Nutzung des Mietgegenstandes und dem Fixkostenzuschuss ist abzuwarten, wie sich der OGH in Zukunft zu diesen Themen (auch unter Berücksichtigung der weiteren Lockdowns) äußern wird. Das Urteil des LG ZRS Wien gibt aber für die beschränkte Nutzung und die Berücksichtigung des Fixkostenzuschusses eine gewisse Richtung vor.

 

Unsere Experten Mag. Wilhelm Huck und Mag. Lukas Schmied bei HSP.law beraten Sie gerne über über alle rechtlichen Aspekte im Zusammenhang mit einer Mietzinsbefreiung, -minderung, oder -entfalls eines Geschäftslokales im Zuge der Covid-19 Pandemie.