COVID-19-Schutzmaßnahmen am Bau

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Mit dem 2. COVID-19-Gesetz wurde zuletzt die gesetzliche Ermächtigung des Bundesministers für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz geschaffen, Baustellen mittels Verordnungserlass vorübergehend zu sperren. Bisher bestand auf Basis des 1. COVID-19-Gesetzes eine solche gesetzliche Ermächtigung des Bundesministers eingeschränkt für andere Bereiche (Waren- und Dienstleistungsbetriebe) und hat der Bundesminister von der gesetzlichen Ermächtigung dadurch Gebrauch gemacht, dass mittels Verordnung das Betreten bestimmter Betriebe und Geschäftslokale für die Öffentlichkeit untersagt wurde. Im Hinblick auf die von der Bundesregierung bisher ergriffenen Maßnahmen zur Eindämmung von COVID-19 war zunächst davon auszugehen, dass der Bundesminister von der gesetzlichen Ermächtigung auch hinsichtlich der Baustellen Gebrauch machen würde. Aktuell scheint es jedoch so, als würde auf politischer Ebene eine andere Richtung angestrebt werden. Derzeit erachtet die österreichische Bundesregierung eine generelle Schließung der österreichischen Baustellen nicht als notwendig und im Hinblick auf die angestrebte Aufrechterhaltung von Lieferketten sogar als kontraproduktiv. Somit besteht keine generelle Verpflichtung, Baustellen einzustellen und kann der Betrieb von Baustellen unter Einhaltung von Schutzmaßnahmen fortgeführt werden. Ergänzend zu unserem letzten Newsletter in dieser Sache dürfen wir Ihnen nachstehend einen Überblick über die aktuellen Entwicklungen verschaffen. In diesem Zusammenhang möchten wir darauf hinweisen, dass sich aufgrund der Ausnahmesituation in Österreich und dem Erlass von neuen Maßnahmen und Verordnungen die Rechtslage fast täglich ändert und daher jeweils nur die aktuelle Rechtslage berücksichtigt werden kann.

 

 

Für den Betrieb von Baustellen sind derzeit folgende Auflagen zu beachten:

 

 

  • 98. Verordnung vom 15. März 2020, wonach ein Mindestabstand von einem Meter zwischen den Personen am Ort der beruflichen Tätigkeit sowie bei der An- und Abreise festgelegt sein muss;

  • 107. Verordnung vom 19. März 2020, wonach der 1-Meter-Mindestabstand unterschritten werden darf, wenn das Infektionsrisiko durch „entsprechende Schutzmaßnahmen“ minimiert werden kann;

  • „Achtpunktekatalog“ vom 26. März 2020. Sowohl der Arbeitgeber als auch der Arbeitnehmer sind durchgehend verpflichtet, die von der Bundesregierung

 

verordneten allgemeinen COVID-19-Schutzmaßnahmen einzuhalten. Bei Nichteinhaltung der Maßnahmen können beide Seiten sowohl mit Anzeige als auch mit hohen Strafen belangt werden. Neben den genannten Verordnungen sollte der „Achtpunktekatalog“, welcher zwischen dem Baugewerkschafts-Chef Josef Muchitsch und dem Gesundheitsminister Rudolf Anschober als „Handlungsanleitung für den Umgang mit Baustellen“ abgestimmt wurde, beachtet werden. Hierdurch soll das Weiterarbeiten auf Baustellen unter verschärften Schutzmaßnahmen weiterhin ermöglicht werden. Durch einen Erlass des Gesundheitsministers an die vollziehenden Behörden wurde die Handlungsanleitung vom 26. März 2020 für den Umgang mit Baustellen mittlerweile für verbindlich erklärt. Laut einer Stellungnahme des Bundesministeriums wurden das Arbeitsinspektorat bereits informiert und weiters alle Landeshauptleute ersucht, die Handlungsanleitung den Bezirksverwaltungsbehörden zur Kenntnis zu bringen.

 

 

Welche Vorgaben schafft der Achtpunkteplan/ Maßnahmenkatalog für Baustellen?

 

 

Nach Möglichkeit soll der Sicherheitsabstand von einem Meter auf Baustellen weiterhin eingehalten werden. Sollte dies nicht möglich sein, sind weitere Schutzmaßnahmen vorzunehmen, wodurch die Eindämmung von CODIV-19 trotz Nichteinhaltung des Abstandes gewährleistet werden soll. Sofern diese Schutzmaßnahmen nicht eingehalten werden können, sind die Arbeiten einzustellen bzw. nicht wiederaufzunehmen. Für den Arbeitgeber besteht die Pflicht, die vorgeschriebenen Maßnahmen am Arbeitsplatz (der Baustelle) umzusetzen und für die Gesundheit der Arbeitnehmer zu sorgen. Im Hinblick darauf hat der Arbeitgeber auch die Pflicht, die für die Umsetzung der Maßnahmen notwendige Schutzausrüstung zur Verfügung zu stellen. Den Arbeitnehmer hingegen trifft die Pflicht, sämtliche vom Arbeitgeber angeordneten Maßnahmen auch einzuhalten.
 

Der Maßnahmenkatalog umfasst folgende Punkte:

  • Arbeitshygiene auf der Baustelle
  • Organisatorische Maßnahmen
  • Schutzausrüstung / Arbeitsausrüstung
  • Besondere Vorschriften für Risikogruppen
  • Personentransport
  • Schlafräume
  • Bauarbeiten- und Baustellenkoordination

 

Arbeitshygiene auf der Baustelle

Neben den sanitären Maßnahmen gemäß § 34 und § 35 Bauarbeiterschutzverordnung (BauV) hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass auf den Baustellen ausreichend Desinfektionsmittel bereitgestellt wird und regelmäßige Desinfektionen der sanitären und sozialen Einrichtungen auf den Baustellen in kurzen Reinigungsintervallen durchgeführt werden. Bei der Nutzung von Fahrzeugen/Baumaschinen/Werkzeugen ist vor der Verwendung durch anderes Personal eine Desinfektion durchzuführen. Sollte eine Desinfektion im Einzelfall nicht möglich sein, so sind alternativ Handschuhe zu verwenden.

 

Organisatorische Maßnahmen

Es ist mit geeigneten organisatorischen Maßnahmen sicherzustellen, dass Arbeits- und Aufenthaltsbereiche getrennt werden. Weiters ist sicherzustellen, dass eine möglichst effiziente Trennung von Beschäftigten erfolgt. Dies mit dem Ziel, die Anzahl der exponierten Arbeitnehmer so gering wie möglich zu halten.

 

Schutzausrüstung/Arbeitsausrüstung

Der Arbeitgeber hat entsprechende Arbeitsausrüstung gemäß ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) und BauV bereitzustellen. Darüber hinaus sind für Arbeiten, bei denen der Sicherheitsabstand von einem Meter nicht dauerhaft eingehalten kann, weitere Schutzmaßnahmen vorzusehen. Dabei ist zwischen Arbeiten im Freien, Arbeiten in geschlossenen Räumen und Arbeiten in geschlossenen Räumen mit beengten Verhältnisses zu differenzieren. So haben Arbeiter bei Arbeiten im Freien einen Mund-Nasen-Schutz oder ein Vollvisier zu tragen, während bei Arbeiten in geschlossenen Räumen bei Verfügbarkeit einer Atemschutzmaske der Klasse FFP1 eine solche zu verwenden ist. Bei Arbeiten in geschlossenen Räumen mit beengten Verhältnissen sind Atemschutzmasken der Klasse FFP2 oder ein motorunterstützer Atemschutz notwendig. Sofern entsprechende Schutzausrüstungen nicht bereitgestellt werden können, ist die Durchführung von Arbeiten mit Unterschreitung des Sicherheitsabstandes von einem Meter untersagt.

 

Risikogruppen

Arbeitnehmer, welche einer COVID-19-Risikogruppe angehören, dürfen, sofern dieser Umstand dem Arbeitgeber bekannt ist, nicht in Bereichen mit erhöhtem Ansteckungsrisiko, dies betrifft insbesondere Arbeiten, bei denen der Sicherheitsabstand von einem Meter unterschritten wird, eingesetzt werden.

 

Personentransport (Minimierungspflicht beim Transport)

Bei Personentransporten in Fahrzeugen bei An- und Abfahrten zu/von Baustellen, sowie bei der Nutzung von Verkehrswegen auf Baustellen und im Baustellenverkehr ist die Anzahl der Arbeiter unter Berücksichtigung des notwendigen Sicherheitsabstandes von einem Meter zwischen den Beschäftigten zu minimieren.

 

Schlafräume

Schlafräume dürfen nicht mit mehr als einer Person belegt sein.

 

Bauarbeiten- und Baustellenkoordination

Grundsätzlich hat der Bauherr für Baustellen im Sinne des § 6 Bauarbeiterkoordinationsgesetzes (BauKG) dafür Sorge zu tragen, dass vor Eröffnung der Baustelle ein Sicherheits- und Gesundheitsschutzplan (SiGePlan) erstellt wird. Dies betrifft u.a. Baustellen, bei denen voraussichtlich die Dauer der Arbeiten mehr als 30 Arbeitstage beträgt und auf denen mehr als 20 Arbeitnehmer gleichzeitig beschäftigt werden, oder Baustellen, deren Umfang voraussichtlich 500 Personentage übersteigt. Entsprechend dem Maßnahmenplan ist der für Baustellen gemäß § 6 BauKG vorgeschriebene SiGe-Plan vom Bauherrn bzw. vom Baustellenkoordinator im Hinblick auf COVID-19 zu adaptieren. Dabei ist jedenfalls eine größtmögliche zeitliche oder örtliche Entflechtung der gleichzeitig durchzuführenden Arbeiten vorzusehen. Weiters ist die Ausgestaltung, Benutzung und Organisation der gemeinsamen sanitären Einrichtungen in Bezug auf die neuen Erfordernisse zu definieren. Weitere Themen, welche zu adaptieren sind, betreffen die Organisation des Besprechungswesens, die Prüfung der Auswirkungen von Schutzmaßnahmen durch COVID-19 auf die sonstigen kollektiven Schutzmaßnahmen, der Schutz gegenüber Dritten, Desinfektions- und Reinigungsmaßnahmen, einen Maßnahmenplan bei Corona-Erkrankungen, Schutzmaßnahmen beim Stilllegen von einzelnen Arbeitsbereichen und das Prozedere bei Baustellenanlieferungen. Bei Baustellen, für welche kein SiGe-Plan zu erstellen ist, hat der Bauherr dafür Sorge zu tragen, dass die vorstehend genannten Punkte sinngemäß iSd § 4 BauKG umgesetzt werden. Wer konkret die Verantwortung und das Risiko für die Einhaltung bestimmter Maßnahmen trägt, wird im  Einzelfall auf Basis der abgeschlossenen Verträge zu prüfen sein. Ist ein Baukoordinator bestellt, so wird diesem im Regelfall neben der Pflicht zur Adaptierung des SiGe-Plans auch die Pflicht obliegen, eine höher frequentierte Baustellenüberprüfung vorzunehmen, um die Umsetzung der adaptieren Maßnahmen durch die ausführenden Unternehmen zu überprüfen. Sofern der Baukoordinator Gefahren für Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer feststellt, so ist dieser grundsätzlich verpflichtet, unverzüglich den Bauherrn oder die Projektleiter sowie die Arbeitgeber und die allenfalls auf der Baustelle tätigen Selbstständigen zu informieren und eine Beseitigung der Missstände zu verlangen.

 

 

Dürfen Baustellen weiterhin betrieben werden?

 

Nach derzeitiger Gesetzeslage sind Baustellen nicht generell einzustellen. Der Betrieb einer Baustelle ist grundsätzlich dann zulässig, wenn ein Sicherheitsabstand von einem Meter von sämtlichen auf der Baustelle tätigen Personen, insbesondere von Arbeitern, Planern und Architekten eingehalten werden kann. Kann der Sicherheitsabstand nicht eingehalten werden, so kann der Betrieb der Baustelle dennoch möglich sein, wenn entsprechende Schutzmaßnahmen gewährleistet sind. Sämtliche Schutzmaßnahmen gelten für die eigentliche Arbeit auf der Baustelle, Pausenräume, Sanitärräume sowie für die An- und Abreise zu und von der Baustelle. Zu beachten bleibt jedoch, dass der Bundesminister auf Basis der bestehenden gesetzlichen Ermächtigung jederzeit die Schließung von Baustellen mittels Verordnung vorschreiben kann. Schließlich bestehen auf Basis des COVID-19-Maßnahmengesetztes auf Landesebene eine Befugnis der Landeshauptleute und auf Bezirksebene eine Befugnis der Bezirksverwaltungsbehörde, regionale/örtlich beschränkte Verbote zu erlassen.